WANN IST JEMAND GLÜCKSSPIELSÜCHTIG?

Wann ist jemand glücksspielsüchtig?

Eine Geschichte zum Einstieg: "Unsere Familie ist anders“

Wenn ich andere Familien betrachte, komme ich immer mehr zu der Überzeugung, dass in unserer Familie alles anders ist. Nicht so normal, nicht so geregelt. Anfänglich hat mich das nicht gestört und manchmal fand ich es sogar toll, wenn wir auf einmal einen neuen Fernseher hatten oder ich, ohne Geburtstag zu haben, ein großes Geschenk bekam. Aber dann gab es auch vieles, was mich verunsichert hat, was mich im Laufe der Zeit nachdenklich und zuletzt nur noch traurig gemacht hat. Immer diese Streitereien zwischen meinem Vater und meiner Mutter. Zu Beginn haben sie sich erst gestritten, wenn ich im Bett war. Manchmal bin ich von der Brüllerei wach geworden. Auch wenn ich sicher bin, dass meine Eltern mich lieb haben, habe ich Angst, dass ich Schuld an den Auseinandersetzungen bin. Meistens geht es um Kleinigkeiten, doch am Ende geht es immer ums Geld und darum, dass mein Vater alles verspielt. Sagt zumindest meine Mutter. Ich weiß das nicht, finde jedoch auch, dass Papa zu oft abends noch weg geht. Er sagt dann immer, er müsse nochmals raus, etwas erledigen. Was er macht und wohin er geht? Ich weiß es nicht. Mama ist dann immer ganz traurig und kommt manchmal noch zu mir ins Zimmer. Sie redet nicht schlecht über Papa, sagt aber, dass er etwas ändern müsse, sonst würde er noch Haus und Hof verspielen. Diesen Satz kenne ich so nur von Oma und Opa und anderen älteren Leuten. „Haus und Hof verspielen“, das kann Papa gar nicht, denn wir haben weder Haus noch Hof, wohnen wir doch in einer Eigentumswohnung in einem 6 Parteienhaus in der Innenstadt. Ich denke Mama meint, dass Papa alles verzockt. So drückt es zumindest mein älterer Bruder aus. Leider wohnt er nicht mehr bei uns. Er meint auch, Papa soll aufhören mit der Spielerei und rät Mama, dass sie sich von Papa trennen oder ihm zumindest damit drohen soll. Das macht mir Angst, denn ich will nicht, dass unsere Familie auseinanderbricht. Ich habe jedoch keine Ahnung, was ich tun kann…

Kriterien für eine Glücksspielsucht

Wenn dein Vater oder deine Mutter nicht mehr mit dem Glücksspiel aufhören können, ganz gleich ob es sich um Sportwetten, Lotteriespiele, Automatenspiele, Roulette oder Pokerspiele im Internet handelt, dann liegt möglicherweise eine Glücksspielsucht vor. Hinweise auf problematisches Spielverhalten gibt es zahlreiche. Typisch ist bei der Spielsucht die Steigerung der Spielfrequenz (Häufigkeit) und des Einsatzes, um noch das gleiche Glücksgefühl und den Nervenkitzel zu bekommen. Im Laufe der Zeit verliert der Spieler die Kontrolle. Wenn länger gespielt wird als geplant und versucht wird, Verluste durch erneute, gar höhere Einsätze wett zu machen, sind das deutliche Hinweise. Es gibt aber auch noch andere Kriterien, die Fachleute entwickelt haben, um eine Glücksspielsucht zu diagnostizieren:

Diagnostische Kriterien für Pathologisches Spielen nach DSM-IV

Die derzeit gültige Version des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, DSM IV” definiert pathologisches Glücksspiel als "Andauerndes und wiederkehrendes fehlangepasstes Spielverhalten", das sich in mindestens fünf der folgenden Merkmale ausdrückt:

Zentraler Lebensinhalt

  • ist stark eingenommen vom Glücksspiel (z.B. starkes beschäftigt sein mit gedanklichem Nacherleben vergangener Spielerfahrungen, mit Verhindern oder Planen der nächsten Spielunternehmungen, Nachdenken über Wege, Geld zum Spielen zu beschaffen)

Toleranz

  • muss mit immer höheren Einsätzen spielen, um die gewünschte Erregung zu erreichen

Kontrollverlust

    • hat wiederholt erfolglose Versuche unternommen, das Spielen zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben

    Entzugssymptome

    • ist unruhig und gereizt beim Versuch, das Spielen einzuschränken oder aufzugeben

    Verdrängung / Ersatzbefriedigung

    • spielt, um Problemen zu entkommen oder um eine dysphorische Stimmung (z.B. Gefühle von Hilflosigkeit, Schuld, Angst, Depression) zu erleichtern

    Suchtdruck

    • kehrt, nachdem er beim Glücksspiel Geld verloren hat, oft am nächsten Tag zurück, um den Verlust auszugleichen (dem Verlust "hinterher jagen")

    Lügen

    • belügt Familienmitglieder, den Therapeuten oder andere, um das Ausmaß seiner Verstrickung in das Spielen zu vertuschen

    Illegale Handlungen

    • hat illegale Handlungen wie Fälschung, Betrug, Diebstahl oder Unterschlagung begangen, um das Spielen zu finanzieren

    Gefährdung wichtiger Beziehungen

    • hat eine wichtige Beziehung, seinen Arbeitsplatz, Ausbildungs- oder Aufstiegschancen wegen des Spielens gefährdet oder verloren

    Co-Abhängigkeit

    • verlässt sich darauf, dass ihm andere Geld bereitstellen, um die durch das Spielen verursachte hoffnungslose finanzielle Situation zu überwinden


    1-4 zutreffende Kriterien: Problematisches Spielverhalten
    5 und mehr zutreffende Kriterien: Glücksspielsucht

     

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